SPD im Bund verloren, in Hamburg weiter stärkste Kraft laut Hochrechnung

Bild: Sina Schuldt/dpa

Bundesweit mit einer krachenden Niederlage im Rücken bleibt die SPD bei der Bundestagswahl in Hamburg trotz deutlicher Verluste voraussichtlich stärkste Kraft. Laut einer Hochrechnung des Landeswahlleiters von 19:35 Uhr kommt sie auf 22,7 Prozent der Stimmen – nach 29,7 Prozent bei der Bundestagswahl 2021. Die CDU kann demnach ihr Ergebnis in Hamburg von 15,4 auf 20,7 Prozent steigern. 

Die Grünen schaffen demnach 19,2 Prozent – nach 24,9 Prozent vor vier Jahren. Die Linken könnten ihre Stimmen mehr als verdoppeln von 6,7 auf 14,4 Prozent. Gleiches gelänge der AfD, die ihr Ergebnis von 5,0 auf 11,4 Prozent verbessern würde. Die FDP käme auf 4,6, das BSW schafften 3,8 Prozent. Beide scheiterten damit an der Fünf-Prozent-Hürde. Für die Hochrechnung wurden knapp 670 von 2.000 Wahlstellen berücksichtigt.

SPD setzt sich wohl gegen Bundestrend in Hamburg durch

Damit würde sich die SPD in Hamburg gegen den bundesweiten Trend durchsetzen. In ganz Deutschland liegen die Sozialdemokraten von Kanzler Olaf Scholz Hochrechnungen von ARD und ZDF zufolge lediglich zwischen 16,2 und 16,3 Prozent, die Union mit ihrem Spitzenkandidaten Friedrich Merz (CDU) dagegen kommt auf 28,5 bis 28,8 Prozent.

Obwohl die CDU in Hamburg deutlich hinter dem Bundesergebnis liegt, sieht sich der CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl, Dennis Thering, gestärkt. „Ich freue mich, dass uns der heutige Wahlsieger und zukünftige Bundeskanzler Friedrich Merz am kommenden Freitag bei unserem Wahlkampfabschluss unterstützen wird“, sagte der CDU-Vorsitzende. Für Hamburg werde es einen echten Mehrwert haben, wenn auch hier die CDU mitregiere. „Wer eine florierende Wirtschaft, mehr Sicherheit Tag und Nacht und einen fließenden Verkehr möchte, muss auch in Hamburg CDU wählen!“

Kanzleramtsminister: Bitterer Tag für die SPD in Deutschland 

Der Spitzenkandidat der Hamburger SPD für die Bundestagswahl, Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, sprach dagegen von einem „bitteren Tag für die SPD in Deutschland“. „Es ist eine sehr schwere Niederlage. Ich bin ebenso enttäuscht über die Verluste überall im Land wie alle Mitglieder der SPD“, sagte er nach Vorliegen der ersten Hochrechnungen.

Schmidt gratulierte der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Merz zum Wahlsieg. „Deutschland weiter gut durch diese schwierige Zeit zu steuern, wird nun Aufgabe für Herrn Merz sein. Er hat den Regierungsauftrag im Bund.“ Dass mit der AfD eine „in Teilen offen rechtsextreme Partei vermutlich vor der SPD liegt, ist ein schwerer Schlag“, sagte Schmidt. Aus Protest gegen das AfD-Ergebnis versammelten sich nach Polizeiangaben am Abend vor der Parteizentrale der AfD in der Hamburger Schmiedestraße 40 bis 60 Demonstranten.

Kirchen in Sorge – loben aber hohe Wahlbeteiligung

Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagte mit Blick auf die Wahlergebnisse, wer das Fundament des Glaubens und der Demokratie infrage stelle, der stelle sich gegen das, «was uns als Gemeinschaft zusammenhält». Sie ermutige alle, sich weiterhin für ein Miteinander einzusetzen, das von Respekt, Solidarität und Achtung der Menschenwürde geprägt sei. 

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße erklärte, er wünsche sich eine Regierung, die die Zukunftsthemen wie Wirtschaft, Umwelt und Leben in Würde mutig angeht. «Aus meiner christlichen Perspektive müssen soziale Gerechtigkeit und die Integration der Menschen, die zu uns kommen, einen festen Platz auf der politischen Agenda haben.» Sowohl Kühnbaum-Schmidt als auch Heße lobten die hohe Wahlbeteiligung von mehr als 80 Prozent. «Es zeigt, dass das Interesse am politischen Geschehen gewachsen ist», sagte Heße.

Zwölf Parteien mit Landeslisten standen zur Wahl

Insgesamt waren knapp 1,3 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger zur Bundestagswahl aufgerufen. In der Hansestadt standen zwölf Parteien mit ihren Landeslisten auf den Wahlzetteln. In den sechs Wahlkreisen – Mitte, Altona, Eimsbüttel, Nord, Wandsbek und Bergedorf/Harburg – traten insgesamt 49 Kandidaten von neun verschiedenen Parteien an. 

In Eimsbüttel trat für die SPD mit Kanzleramtschef Schmidt ein enger Scholz-Vertrauter an. Der Wahlkreis war lange in Hand der SPD, wurde 2021 aber mit nur 359 Stimmen Vorsprung vom Grünen-Kandidaten Till Steffen gewonnen, der auch diesmal wieder antrat. Schmidt bewarb sich das erste Mal um ein Mandat. Er steht auch auf Platz eins der SPD-Landesliste. 

In einer Woche sind Hamburger erneut zur Wahl aufgerufen

Nur eine Woche nach der vorgezogenen Bundestagswahl sind die Hamburgerinnen und Hamburger erneut zur Wahl aufgerufen – am 2. März wird planmäßig über die neue Bürgerschaft abgestimmt. Es ist die einzige Wahl eines Landesparlaments in diesem Jahr. 

Laut einer Umfrage vom vergangenen Freitag haben SPD und Grüne gute Chancen, ihre Zusammenarbeit im Hamburger Rathaus fortsetzen zu können. So käme die SPD laut der von Infratest dimap für die ARD durchgeführten Umfrage auf 32 Prozent der Stimmen. Die Grünen kämen demnach auf 18 Prozent, knapp gefolgt von der CDU mit 17 Prozent. Linke und die AfD landeten jeweils bei 10 Prozent der Stimmen. Alle übrigen Parteien – darunter FDP, Volt und BSW – würden an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

SAT.1 REGIONAL/dpa

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