Jeder Fundort erzählt ein weiteres Stück unserer Geschichte

Jeder der Fundorte erzählt ein weiteres Stück unserer Geschichte (Archivbild)..  Frank Molter/dpa
Jeder der Fundorte erzählt ein weiteres Stück unserer Geschichte (Archivbild).. Frank Molter/dpa

Schleswig (dpa/lno) –

Laien können archäologische Funde auf den ersten Blick leicht übersehen. Doch dort, wo sie vielleicht nur Verfärbungen im Boden, einen Hügel auf dem Feld oder Scherben in einer Baugrube bemerken, erkennen Experten zum Teil Jahrtausende alte Häuserreste, Gräber oder Keramikreste. Auch in diesem Jahr wurden zahlreiche Funde gemacht. 

«2025 war für die Archäologie in Schleswig-Holstein ein außergewöhnliches Jahr», sagt Landesarchäologe Ulf Ickerodt. «Bei mehr als 200 Untersuchungen im ganzen Land haben wir Entdeckungen gemacht, die unser Bild der Vergangenheit deutlich erweitern – von längst vergessenen Siedlungen bis hin zu beeindruckenden Spuren aus der Stein- und Bronzezeit.» Jeder der Fundorte erzähle ein weiteres Stück unserer Geschichte. 

Rege Bautätigkeit ein Grund für viele Untersuchungen

Grundlage für die vielen Baubegleitungen, Vor- und Hauptuntersuchungen ist erneut die rege Bautätigkeit im ganzen Land, wie die Sprecherin des Archäologischen Landesamtes, Birte Anspach, sagt. Wenn neue Gewerbegebiete, Strom- und Bahntrassen oder Wohngebäude dort gebaut werden, wo archäologische Denkmale vermutet werden, müssen die Archäologen ins Boot geholt werden. 

Etwa in Göhl in Ostholstein. Hier gab es mit 19 Hektar die größte Untersuchungsfläche des Jahres. Freigelegt und untersucht wurden dabei mehrere hundert archäologische Befunde einer Siedlung aus der Vorrömischen Eisenzeit, wie Anspach erläutert. Gefunden wurden unterschiedliche Siedlungsgruben, die zumeist offensichtlich zunächst der Materialgewinnung dienten, etwa von Lehm. Später dienten sie dann als Abfallgruben, die bisweilen sehr viel Fundmaterial enthielten, vor allem Keramik. «Bemerkenswert ist der Nachweis eines rechteckigen Grundrisses eines ursprünglich gestelzten Speichergebäudes aus zwölf Pfosten.» 

Bronzeschwert in Grabhügel 

In Itzstedt (Kreis Segeberg) fanden die Archäologen nicht nur eisenzeitliche Siedlungsbefunde, sondern auch die Reste zweier Grabhügel. «Während von einem Grabhügel nur noch einige Umfassungssteine erhalten waren, konnte in dem zweiten Hügel noch ein gut überliefertes Grab freigelegt werden», sagte Anspach. In diesem befanden sich unter anderem ein Keramikgefäß und ein Bronzeschwert. An der korrodierten Bronze sind noch organische Reste aus Fell und Holz erhalten. Diese lassen nach Angaben des Archäologischen Landesamtes spannende Erkenntnisse über die Gestaltung der Schwertscheide erwarten.

 

Wissenslücken werden geschlossen

Es entstehe ein immer differenzierteres Bild der schleswig-holsteinischen Landesarchäologie, sagt Anspach. «Seit langem bestehende Wissenslücken werden innerhalb weniger Jahre geschlossen.» Insbesondere die zahlreichen neu entdeckten Siedlungen ermöglichten tiefere Einblicke in die Entwicklung von Städten und Dörfern.

Unter anderem in Flensburg, Heide, Kiel, Fehmarn, Harrislee (Kreis Schleswig-Flensburg) und Büdelsdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) waren die Archäologen ebenfalls auf kleineren und größeren Flächen aktiv. In Harrislee wurde nach Angaben von Anspach unter anderem auf dem Gelände eines geplanten Gewerbegebiets ein zweischiffiges Haus aus der frühen bis älteren Bronzezeit nachgewiesen. 

In Kiel wurde etwa ein Urnengräberfeld der älteren Vorrömischen Eisenzeit ausgegraben. Es handelte sich um etwa 100 Urnengräber, die sehr unterschiedlich erhalten waren. An Grabbeigaben fanden sich einzelne Bronzenadeln und Gürtelzubehör. Bei einer anderen Untersuchung in Kiel wurden in zwei Fällen Siedlungen der jüngeren Bronze- bis älteren Eisenzeit ausgegraben. «Typisch waren hier sehr viele, teilweise sehr fundreiche Siedlungsgruben. Hausstandorte ließen sich leider nicht nachweisen», sagt die Landesamtssprecherin. 

Seltenes Wandgräbchenhaus aus der Steinzeit in Heide entdeckt

Im Umfeld einer eisenzeitlichen Siedlung wurde in Heide auch der Grundriss eines Wandgräbchenhauses aus der ausgehenden Steinzeit dokumentiert. Das Gebäude war bis zu einer Länge von 17 Metern nachzuweisen. Ansonsten ergaben die Grabungen in Heide vor allem Befunde aus der jüngeren Bronzezeit bis zur Römischen Kaiserzeit. Hervorzuheben seien mehrere Grundrisse dreischiffiger Langhäuser und ein Grubenhaus, sagt Anspach. 

Die kommenden Jahre werden ebenfalls arbeitsintensiv

Auch in den nächsten Jahren bleibt demnach viel zu tun. Weitgehend prägend werden die archäologischen Arbeiten entlang der großen Erdkabeltrassen sein, wie der stellvertretende Landesarchäologe, Ingo Lütjens, sagt. «Zusammen mit zahlreichen weiteren Maßnahmen wird eines der umfassendsten archäologischen Programme der letzten Jahrzehnte umgesetzt.» Damit biete sich die Chance, die Besiedlungs- und Landschaftsgeschichte Schleswig-Holsteins in einer bisher selten erreichten Breite und Detailliertheit zu erschließen.

© dpa-infocom, dpa:251228-930-471853/1

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