Schwarzbuch 2022/2023: So werden im Norden Millionen verschwendet

Neun Fälle aus Niedersachsen und Bremen, acht aus Hamburg und ebenfalls acht aus Schleswig-Holstein. Der Bund der Steuerzahler stellte am Mittwoch sein neues Schwarzbuch vor – die inzwischen 50. Ausgabe. Darin prangert der Steuerzahlerbund die öffentliche Verschwendung von Steuergeldern an.

Die 50. Ausgabe des Schwarzbuch. Foto: Steuerzahler Hamburg e.V.

„Aberwitzige Kostenexplosionen und kaum erklärbare Bauzeitverlängerungen“ beim Nord-Ostsee-Kanal

Im aktuellen Schwarzbuch heißt es: „Die gesamtstaatliche Verschuldung ist in nur 2 Jahren um rund 422 Mrd. Euro gewachsen – allein dieser Zuwachs beträgt mehr als 5.000 Euro pro Bürger.“ Insgesamt beschreibt das Schwarzbuch exemplarisch 100 Fälle von vermeintlicher Steuerverschwendung in Deutschland.

Darunter die horrenden Kosten beim Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals in Schleswig-Holstein. Der Verband spricht hier von „aberwitzigen Kostenexplosionen und kaum erklärbaren Bauzeitverlängerungen“. Für eine neue Brücke als Ersatz der Levensauer Hochbrücke bei Kiel würden beispielsweise statt ursprünglich 47 Millionen Euro nun 215 Millionen angesetzt. Zur Erneuerung der kleinen Schleusen in Kiel seien aus 240 Millionen 650 Millionen geworden. Schuld seien mangelhafte Planungen.

Bauarbeiten am Nord-Ostsee-Kanal. Foto: Dieter76/stock.adobe.com

Auch sei noch immer ungewiss, wie das Land das Gebäude des ehemaligen Wehrbereichskommandos nutzen will, das es 2016 für zwei Millionen Euro von der Bundeswehr gekauft hatte. Unterhaltungskosten von 5,9 Millionen Euro seien hinzugekommen. Kurz war das Gebäude in bester Lage nahe dem Kieler Förde-Ufer als Flüchtlingsunterkunft genutzt worden. Für Sanierung und Modernisierung veranschlagten Expertinnen und Experten mindestens 20 Millionen Euro. Überlegungen, die Staatskanzlei dort unterzubringen, wurden nicht umgesetzt.

Millionenteure Projekte nur wegen Hamburgs Prestige?

Die angeführten Steuerverschwendungen in Hamburg reichen von reparaturanfälligen automatischen Pollern, mit denen eine einfache Schranke am Eingang des Stadtparks ersetzt wurde, bis hin zu einer laut Steuerzahlerbund millionenteuren, aber nicht benötigten Fahrrinne für Barkassen in der Hafencity.

Eine Barkasse in Hamburg.Foto: Matthias Küttgen/stock.adobe.com

Ebenso finden die Einrichtung eines Impfzentrums speziell für Stadt-Beschäftigte für 1,2 Millionen Euro, das Debakel um die schließlich zurückgezogene Vergabe eines 9-Millionen-Euro Fördervertrags zum Aufbau eines sogenannten Fintech-Accelerators und die Planungen zum Bau weiterer Fahrradparkhäuser trotz Leerstands in der Anlage an der Kellinghusenstraße Eingang in die Jubiläumsausgabe.

Auch die anderweitige Verwendung der eigentlich für die Stadionsanierung gedachten Gelder aus dem Verkauf des Volksparkstadion-Grundstücks an die Stadt durch den HSV wird als Beispiel für einen leichtfertigen Umgang mit Steuergeldern aufgelistet.

Diese Beispiele zeigten einmal mehr, „dass es dem Hamburger Senat beziehungsweise den Verantwortlichen nicht gelingt, solide Kostenschätzungen aufzustellen und diese dann konsequent umzusetzen“, resümierte der Steuerzahlerbund Hamburg. Projekte würden angeschoben, ohne dass die Sinnhaftigkeit vorher geprüft werde. Oft führe überstürztes Handeln zu folgenschweren Fehlentscheidungen. Bei manchen Projekten entstehe zudem der Eindruck, dass es einzig ums Prestige gehe, hieß es.

Mit dem Taxi zur Schule – Steuergelder-Verschwendung in Niedersachsen

Mit dem Taxi zur Schule geht es für 18 Schüler aus Braunschweig. mrp/tock.adobe.com

Manchmal weiß man nicht, ob man ärgerlich den Kopf schütteln oder schmunzeln soll: Seit drei Jahren werden bis zu 18 Schüler aus dem Neubaugebiet „Heinrich-der-Löwe-Kaserne“ in Braunschweig mit dem Taxi in die einen Kilometer entfernte Grundschule gebracht und von dort wieder abgeholt. Der Grund: Die Gehwege sind vom Investor noch nicht gebaut, auf den Baustraßen herrscht Baustellenverkehr. Dadurch ist nach Auffassung der Polizei der Schulweg nicht sicher. Die Stadt gewährt als gesetzliche Trägerin der Schülerbeförderung die Taxifahrten. Die Kosten belaufen sich nach Angaben des Steuerzahlerbunds bisher auf knapp 40.000 Euro.

In Oldenburg hat das Land vor fünf Jahren ein Industrieareal mit sechs Hallen für rund 11,8 Millionen Euro gekauft, um dort unter anderem ein Trainingszentrum für die Polizei einzurichten. Die dafür vorgesehene Halle sei jedoch in einem schlechteren baulichen Zustand als angenommen – nun drohe ihr der Abriss.

2,2 Millionen Euro mehr für die Bremische Bürgerschaft

Bremer Rathaus mit Dom und Bürgerschaft. Foto: holger.l.berlin/stock.adobe.com

Auch das kleinste der 16 Bundesländer taucht in der aktuellen Ausgabe des Schwarzbuches auf. Und das ganze drei Mal. Unter anderem mit einem wachsenden Landesparlament. Die Bremische Bürgerschaft soll nach der Landtagswahl 2023 um drei Sitze größer werden. Das Landesparlament werde somit in der nächsten Legislaturperiode rund 2,2 Millionen Euro teurer. Die Erhöhung auf 87 Mandate wird vom Land Bremen mit der Bevölkerungsentwicklung begründet: die Stadt Bremen wächst, Bremerhaven schrumpft. Um dem gerecht zu werden, erhält die Stadt Bremen mehr Mandate. Nach Auffassung des Steuerzahlerbunds wäre eine Parlamentsverkleinerung möglich und sinnvoller.

Quellen: Schwarzbuch.de, dpa, Bund der Steuerzahler

eis

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