Streit um Milliarden: «Halbe Sachen» oder «Zeitenwende»?

Finanzminister Heere sieht in den gelockerten Schuldenregeln eine Zeitenwende. Julian Stratenschulte/dpa
Finanzminister Heere sieht in den gelockerten Schuldenregeln eine Zeitenwende. Julian Stratenschulte/dpa

Hannover (dpa/lni) –

Für Schüler-Tablets, sanierte Straßen und Brücken, ein Azubi-Ticket im Nahverkehr und mehr plant Niedersachsens rot-grüne Landesregierung einen Haushalt mit Rekordinvestitionen. Finanzminister Gerald Heere sprach von einer haushaltspolitischen «Zeitenwende»: Mit der Lockerung der Schuldenbremse habe Rot-Grün ein «Investitionsprogramm historischer Dimension» von fast 14,5 Milliarden Euro auf den Weg gebracht.

Der Etat soll von 45,6 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 48,2 Milliarden Euro steigen. Der größte Teil davon – rund 11,8 Milliarden Euro – ist für Bildung und Wissenschaft vorgesehen. Allerdings wächst auch der Schuldenberg.

Ein «reines Tischfeuerwerk»

Finanzminister Heere verteidigte den Plan vor allem gegen zwei Kritikpunkte der Opposition: zu hohe Kredite einerseits und zu wenig Unterstützung für die Kommunen andererseits. Die Kreditaufnahme sei vertretbar, sagte Heere. In den 2000er Jahren seien im Verhältnis zu den Steuereinnahmen noch deutlich höhere Zinsausgaben fällig geworden, als es Rot-Grün jetzt plane.

Den CDU-Vorschlag, den Kommunen jährlich rund 750 Millionen Euro zusätzlich zu geben, nannte der Grünen-Politiker zudem ein «reines Tischfeuerwerk», da die Fraktion offen lasse, woher das Geld auf Dauer kommen solle: «Sieht kurz gut aus, ist aber schnell auch wieder aus», sagte Heere. Die Vorhaben von Rot-Grün seien hingegen dauerhaft finanzierbar.

CDU fordert Machtwort des Ministerpräsidenten

Die Opposition im Landtag warf SPD und Grünen jedoch eine halbherzige Regierungsführung vor. «Sie gehen in Trippelschritten voran und machen nur halbe Sachen», sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner. «Sie führen viele Dialoge, doch dann folgt daraus nichts.» Von Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) brauche es daher auch mal ein Machtwort, doch der Regierungschef äußere sich fast nur zu Wirtschaftsthemen.

Die CDU kritisierte unter anderem die von der Regierung geplante Einführung kostenloser Schüler-Tablets als eine «Riesenhypothek für unser Land». Die dafür bis 2031 eingeplanten 800 Millionen Euro sollten besser zur Hälfte als Digitalbudget zur freien Verfügung an die Schulen gegeben und mit dem übrigen Geld die Sozialarbeit gestärkt werden, forderten die Christdemokraten.

CDU beklagt «Lies-Löcher» auf den Straßen

Auf den Straßen im ganzen Land gebe es auch noch immer «Lies-Löcher» aus der Zeit, als der heutige Ministerpräsident Wirtschafts- und Verkehrsminister war, sagte CDU-Chef Lechner. Das Land habe jetzt die finanzielle Chance, solche Versäumnisse zu beheben, plane aber für die kommenden zehn Jahre trotzdem nur 500 Millionen Euro für den Straßenbau ein.

Heere wies die Kritik zurück. Die 500 Millionen Euro seien zusätzliche Mittel. Zudem erhielten die Kommunen rund 4,7 Milliarden Euro aus dem Infrastruktur-Sondervermögen – und könnten damit auch Straßenbauprojekte finanzieren.

AfD: «Schulden machen unfrei»

Der AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann monierte, durch Schulden werde der politische Gestaltungsspielraum eingeschränkt. «Schulden machen unfrei», sagte er. Alleine im Jahr 2029 plane das Land Zinsausgaben von knapp 1,7 Milliarden Euro ein. «Das sind 4,7 Millionen Euro Zinsen pro Tag. Das werden zu einem großen Teil die bezahlen müssen, die heute zur Schule gehen, die gerade in Ausbildung sind und die gerade in den Beruf eingestiegen sind.»

Das plant Rot-Grün mit Tablets und Azubi-Ticket

Die Landesregierung plant, nach und nach alle Schülerinnen und Schüler ab Klasse 7 mit kostenlosen Leih-Tablets auszustatten und damit ein SPD-Versprechen vor der Landtagswahl 2022 zumindest in Teilen einzulösen. Die ersten Geräte sollen zum Schuljahr 2026/27 an die siebten Klassen ausgegeben werden. Bis 2031 sind dafür rund 800 Millionen Euro vorgesehen.

Auszubildende und Freiwilligendienstleistende in Niedersachsen sollen außerdem von Januar an das Deutschlandticket für rund 50 statt 63 Euro bekommen können. Das Land stellt dafür 14 Millionen Euro zur Verfügung.

© dpa-infocom, dpa:251216-930-430239/4

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