Notrufnummern 110 und 112 ausgefallen: Kennen Sie schon die Apps „nora“, „NINA“ und „KATWARN“?

Foto: IM NRW/Bernd Thissen

Am Donnerstagmorgen sind in einigen Bundesländern wie Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen für einige Stunden die Notrufnummern 110 und 112 ausgefallen. Inzwischen sind sie wieder erreichbar, doch würde man ausgerechnet in diesem Zeitraum in einer ernsthaften Notlage stecken, könnte das fatal sein. Als Alternative in solchen Fällen wird die noch recht neue App „nora“ empfohlen. Sie ist sogar barrierefrei. Wir verraten Ihnen, wie sie funktioniert und wo man „nora“ überhaupt bekommt.

Die „nora“-App soll wirklich für alle sein – auch für Menschen, die beispielsweise aufgrund einer Sprach- oder Hörbehinderung nicht oder nicht gut telefonieren und deshalb den Sprachnotruf über die 110 und 112 nicht nutzen können. Ihnen stand bislang nur ein Notruf-Fax und ein Gebärdendolmetscherdienst („Tess Relay“) zur Verfügung. Diese Lücke soll „nora“ schließen. Die App ist so aufgebaut, dass in Notsituationen ganz ohne zu sprechen und auch mit geringen Sprachkenntnissen ein Notruf abgesetzt werden kann. 

So funktioniert’s

In dem Notruf per App sind die wichtigsten Informationen enthalten wie unter anderem persönliche Daten, der Notfall-Ort und die Art des Notfalls. Die persönlichen Daten bleiben auf dem Smartphone gespeichert und werden nur bei einem Notruf an die Einsatzleitstellen übermittelt. Es können Angaben wie Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und Behinderungen auf freiwilliger Basis hinterlegt werden.

Auch ein „stiller Notruf“ ist möglich

Informationen zur konkreten Notsituation werden über maximal fünf aufeinanderfolgende Fragen abgefragt. Dabei sollen Symbole, Texte in leichter Sprache und eine intuitive Nutzerführung helfen. In bedrohlichen Situationen, in denen der Notruf möglichst unbemerkt bleiben soll, ist auch ein „stiller Notruf“ möglich. Der Notfall-Ort wird über das Mobilfunkgerät ermittelt und zusammen mit den anderen Angaben an die zuständige Einsatzleitstelle übermittelt. Der App-Notruf für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste kann im ganzen Bundesgebiet genutzt werden. Neben Deutsch ist die App auch in englischer Sprache verfügbar.

Wo gibt es die „nora“-App?

Am 28. September 2021 wurde die bundesweite App, die unter Federführung des nordrhein-westfälischen Innenministeriums entstanden ist, vorgestellt. Nur zwei Tage später wurde sie allerdings schon wieder aus den App-Stores geschmissen. Der Grund: Zu viele Downloads und Registrierungen in zu kurzer Zeit – das soll die Server in die Knie gezwungen haben. Denn auch am 29. September waren die Notrufnummern 110 und 112 in einigen Bundesländern ausgefallen, die Menschen wollten sich eine Alternative suchen. „In der Spitze haben sich die Zugriffszahlen mehr als verzehnfacht“, heißt es in einer Mitteilung des Innenministeriums NRW.

Zwischenzeitlich war die App auch über den offiziellen Support erhältlich, doch eine Rückkehr in die App-Stores ist geplant. Im Laufe des morgigen Vormittags (12. November 2021) soll „nora“ wieder im Google Play Store oder Apple App Store zum Download bereitstehen.

Wer eine Sprach- oder Hörbeeinträchtigung hat und den Telefon-Notruf nicht nutzen kann, wird gebeten, einen individuellen Zugang zur App über das Kontaktformular oder per E-Mail an kontakt@nora-notruf.de anzufordern.

Erklärvideo zur nora-App:

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nora Notruf-App | Schnell, einfach, sicher. from bevuta IT GmbH on Vimeo.

Deshalb können auch Apps wie „KATWARN“ oder „NINA“ sinnvoll sein

Um überhaupt erst einmal mitzubekommen, dass beispielsweise die Notrufnummern 110 und 112 ausgefallen sind, können weitere Apps oder Benachrichtigungsdienste sinnvoll sein, die einen darauf hinweisen. „KATWARN“ beispielsweise verbreitet Gefahrenmeldungen der Kommunen, Länder und des Bundes orts- oder themenbezogen. Absender sind unter anderem Leitstellen der Feuerwehr, die Polizei, der Deutsche Wetterdienst, Hochwasser- und Erdbebenzentralen sowie gekoppelte externe Warnsysteme.

KATWARN per App oder SMS- und E-Mail-Dienst

Wer sich die kostenlose KATWARN-App nicht downloaden möchte oder gar kein Smartphone besitzt, kann sich auch mit einem klassischen Handy per SMS registrieren. Sie erhalten anschließend Warnungen über SMS und optional per E-Mail für eine von Ihnen ausgewählte Postleitzahl.

  • SMS an die KATWARN-Servicenummer: 0163 755 88 42
  • Beispiel: Möchten Sie die SMS-Warnungen für die Postleitzahl 12345 erhalten, schicken Sie eine SMS an die oben aufgeführte Servicenummer mit dem Inhalt: „KATWARN 12345“
  • Um auch noch Ihre E-Mail-Adresse registrieren zu lassen, fügen Sie diese hinter der Postleitzahl in der SMS hinzu: „KATWARN 12345 m.musterfrau@mail.de“
  • Um die Benachrichtigungen abzubestellen, senden Sie eine SMS an die Servicenummer mit Inhalt: „KATWARN AUS“
  • Hinweis: Der SMS-/E-Mail-Service bietet keine Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes DWD. Für Warngebiete, die von anderen Warnsystemen als KATWARN versorgt werden (z. B. über MOWAS/ NINA-App), besteht dieser Service ebenfalls nicht. Welche Gebiete mit SMS/E-Mail versorgt werden, finden Sie hier!

Deutschlandweit keine einheitliche Regelung zu Warnmitteln

Die Warnung bei Katastrophen ist eine gesetzliche Aufgabe der Länder. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland keine einheitliche Regelung zu Warnmitteln bei Katastrophen und kleineren Schadensereignissen. Städte und Gemeinden betreiben demnach unterschiedliche regionale Warnsysteme. Dazu gehören die Verbreitung über den Rundfunk, digitale Werbetafeln, Fahrgastinformationssysteme, Sirenen, Lautsprecherwagen oder regionale Warn-Apps wie beispielsweise die „BIWAPP“-App (Bürger Info und Warn App). Zur Ergänzung der Warninfrastruktur der Länder wurde ab 2001 ein bundeseigenes System entwickelt. Warnmeldungen sollen auf möglichst vielen Wegen verbreitet werden, um einen möglichst großen Teil der Bevölkerung zu erreichen. Über dieses Modulare Warnsystem des Bundes (MoWaS) können Bund, Länder und Gemeinden dann eine Vielzahl moderner Warnmittel auslösen – beispielsweise bei Großbränden und anderen Gefahrenlagen.

Die kostenlose Warn-App „NINA“ (NINA steht für: Notfall-Informations- und Nachrichten-App) vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfängt Warnmeldungen und Entwarnungen aus diesem MoWaS, aber auch den Warnsystemen BIWAPP und KATWARN sowie Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes und Hochwasserwarnungen des Hochwasserportals der Länder. User:innen erhalten konkrete Handlungsempfehlungen, je nach Notfallsituation und derzeit außerdem aktuelle und hilfreiche Informationen zur Corona-Pandemie.

Automatische Warnung an alle im Mobilfunknetz ab Ende 2022?

Dieser bestehende Mix an Warnmitteln in Deutschland soll nun noch durch das sogenannte Cell Broadcast ergänzt werden. Das BBK arbeitet seit November 2020 an der Einführung. Warnungen könnten damit direkt an alle Menschen mit Mobilfunkgerät versendet werden, die sich in einer bestimmten Funkzelle eines Mobilfunknetzes aufhalten – ohne, dass man, wie bei der KATWARN, vorher die eigene Handynummer für einen SMS-Dienst registrieren lassen musste. Somit wird eine schnelle und unkomplizierte Warnung ermöglicht. Bei Warnmeldungen über Cell Broadcast handelt es sich ausschließlich um zeichenbasierte, alphanummerische Benachrichtigungen. Weder Audiodateien noch Bilddateien können übermittelt werden.

Um die Warnung zu empfangen, ist nicht zwingend ein Smartphone erforderlich. Warnmeldungen über den Cell Broadcast-Warnkanal können auch von älteren Mobilfunkendgeräten ohne Datenempfangsmöglichkeit empfangen werden. Eine Nutzung von Cell Broadcast ist ohne Erhebung, Weitergabe und Speicherung personenbezogener oder vergleichbarer Daten möglich. Die Nutzung wird laut BBK voraussichtlich Ende 2022 möglich sein. 

Gloria Saggau

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