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Die Corona-Pandemie hat die Arbeitsbedingungen der niedersächsischen Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte weiter verschärft. Das geht aus der größten Ärzteumfrage des Landes hervor. Das Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME) befragte im Auftrag des Marburger Bundes 1300 angestellte Ärztinnen und Ärzte aus allen Bereichen des Gesundheitswesens. 85 Prozent davon sind in Krankenhäusern tätig.

Ein Viertel bekommt Überstunden nicht vergütet

Rund 40 Prozent schließen demnach einen Berufswechsel nicht grundsätzlich aus. Durch ihre Überstunden füllen Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte in Niedersachsen über 2.700 Vollzeit-Stellen mit aus. Rund ein Viertel bekommt diese Arbeitszeit nicht einmal vergütet. „Das sind jede Woche über 28.000 unbezahlte Überstunden, an denen die Arbeitgeber zulasten der Beschäftigten verdienen. Das Gesundheitssystem muss grundlegend reformiert werden […]“, fordert Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen. 

Rund 50 Prozent arbeiten mehr als 49 Stunden pro Woche

Die tatsächliche Arbeitszeit weiche laut Umfrage angesichts des Überstundenbergs stark von der präferierten ab. Rund 50 Prozent arbeiten über 49 Stunden pro Woche. „Die Kolleg*innen machen ihre eigene Arbeitszeitreform und reduzieren den Stellenumfang, um die Belastung noch irgendwie ertragen zu können“, verdeutlicht Andreas Hammerschmidt, Zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen. 

Kaum Entlastung durch Digitalisierung

Auch die Digitalisierung bringe kaum Erleichterung. Veraltete Ausstattung und mangelnde Schulungsangebote würden Ärztinnen und Ärzte das Leben noch schwerer machen, anstatt sie zu entlasten. „Zeit, die wir unseren Patient:innen widmen möchten, vergeuden wir mit administrativen Aufgaben und unnötigen Mehrfacheingaben. Wenn die Bürokratie im Mittel drei Stunden täglich frisst, fehlt den Kolleg:innen diese Zeit am Patientenbett“, kritisiert Hans Martin Wollenberg.

70 Prozent bemängeln Arbeitsbedingungen, 40 Prozent erleben Stellenabbau

Rund 70 Prozent der Befragten bemängeln die Arbeitsbedingungen. Fast ein Drittel gibt an, vom Arbeitgeber keine Möglichkeit zur Zeiterfassung zu erhalten. Verschärft werde die Situation durch einen Stellenabbau im ärztlichen Bereich, den seit Beginn der Corona-Pandemie rund 40 Prozent der Befragten erleben. 

Hammerschmidt: Belastender Berufsalltag kaum noch mit eigenen moralischen Vorstellungen vereinbar

„Es ist den Beschäftigten des Gesundheitswesens zu verdanken, dass wir bisher verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen sind“, betont Andreas Hammerschmidt. „Der Preis dafür ist hoch: die eigene Gesundheit und ein belastender Berufsalltag, der sich mit den eigenen moralischen Vorstellungen von guter Patientenversorgung häufig kaum noch vereinbaren lässt.“ 

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