Sexualisierte Gewalt an Kindern: Neue UKE-Studie zeigt, dass oft auch Frauen Täterinnen sind

Bei sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen wird in der Regel an männliche Täter gedacht. Frauen als Täterinnen sind hingegen ein gesellschaftliches Tabuthema. Wissenschaftler:innen des Instituts für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben in einem Forschungsprojekt sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen durch Frauen untersucht. Die in einem detaillierten Bericht zusammengefassten Ergebnisse zeigen, dass es Frauen mit einem sexuellen Interesse an Kindern und sexualisierte Gewalt durch Frauen gibt.

Sexualisierte Gewalt an Kindern geht oft auch von Frauen aus. Foto: Pixabay

Sexualisierte Gewalt findet oft durch die Mutter statt

Die Wissenschaftler:innen haben im Rahmen einer anonymen Online-Studie Personen befragt, die berichtet haben, sexualisierte Gewalt durch eine Frau erlebt zu haben. „Die Ergebnisse der Online-Befragung legen nahe, dass die Täterinnen vornehmlich aus dem Familienkreis der Betroffenen stammen. In den häufigsten Fällen wurde von sexualisierter Gewalt durch die eigene Mutter berichtet“, sagt Prof. Dr. Johanna Schröder aus dem Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie des UKE. Im Mittel erlebten die Befragten im Alter von sechs Jahren zum ersten Mal sexualisierte Gewalt durch eine Frau. Das Alter der Täterin wurde von den Betroffenen zu diesem Zeitpunkt im Mittel auf 32 Jahre geschätzt. Dabei schloss die sexualisierte Gewalt oft auch körperliche und psychische Gewalt ein. Die Ergebnisse legen weiterhin nahe, dass viele Betroffene unter posttraumatischen Belastungssymptomen leiden und dass diese psychischen Folgen durch Stigmatisierungsprozesse verstärkt werden.

Frauen mit sexuellem Interesse an Kindern neigen auch zu sexualisierter Gewalt

Ergänzt wurden diese Berichte durch eine anonyme Online-Befragung von Frauen, die ein sexuelles Interesse an Kindern angegeben haben. Diese Befragung lieferte erste Erkenntnisse über Charakteristika der Frauen und ihre Sexualität. Mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen zeigt Hinweise auf die Diagnose einer pädophilen Störung. Allerdings gaben nur die wenigsten an, dass ihr sexuelles Interesse auf Kinder begrenzt ist. Vielmehr berichtete die große Mehrheit, auch ein sexuelles Interesse an Erwachsenen zu haben.

Frauen mit sexuellem Interesse an Kindern, neigen häufig zu sexualisierter Gewalt. Foto: Pixabay

Obwohl die sexuelle Erregbarkeit durch Kinder nicht mit der Anwendung sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern gleichgesetzt werden kann, haben Untersuchungen bei Männern gezeigt, dass sexuelles Interesse an Kindern ein Risikofaktor für sexualisierte Gewalt an Kindern darstellt.“, erklärt Dr. Safiye Tozdan aus dem Institut für
Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie des UKE.

Es gibt vier Täterinnen-Typen

Dem UKE ist es gelungen, unterschiedliche Typen und Strategien von Täterinnen herausarbeiten. Demnach ergaben sich vier Typen weiblicher Täterinnen: die sadistische Täterin, die ein starkes Ausmaß an Gewaltanwendung zeigt, die sogenannte parentifizierende Täterin, die in den betroffenen Kindern und Jugendlichen einen Ersatz für erwachsene Sexualpartner:innen sieht, die vermittelnde Täterin, die betroffene Kinder dritten Tatpersonen zuführt, und die instruierende Täterin, die oft im Kontext von organisierten Gewaltstrukturen auftritt.

Eine solche Typisierung kann laut der Wissenschaftler:innen vor allem zu einem verbesserten Erkennen sexualisierter Gewaltanwendung in pädagogischen, klinischen oder psychosozialen Kontexten wertvoll sein und sollte im Rahmen umfassender Aufklärungsarbeit an verschiedene Institutionen sowie an die Gesellschaft vermittelt werden.

Die Studie hilft, um Betroffene zu schützen, zu unterstützen und behandel zu können. Foto: Pixabay

Das Tabuthema sexualisierte Gewalt durch Frauen sollte durch gezielte Aufklärungsarbeit aufgelöst werden, um betroffenen Personen künftig besser schützen, unterstützen und behandeln zu können, schlussfolgern die Forschenden. Gleichzeitig sollten Frauen im Rahmen bestehender oder zukünftiger therapeutischer Behandlungsangebote für Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern explizit angesprochen werden. Denn durch die Behandlung betroffener Frauen kann das Risiko für sexuelle Straftaten gegen Kinder gesenkt werden.

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