Im Fall eines mutmaßlichen Angriffs auf einen ukrainischen Jungen in Einbeck im Landkreis Northeim (Niedersachsen) gibt es eine Wende. Wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte, stimmt es nicht, dass ein Russisch sprechender Mann den Zehnjährigen über ein Brückengeländer warf und ihn dabei verletzte. Den Ermittlungen zufolge hatte sich der Junge beim Spielen am Kanal an einer Scherbe oder einem anderen scharfen Gegenstand verletzt. Später soll es zu einem Streit mit einem Russisch sprechenden Mann gekommen sein, der mit einer Frau und drei Kindern unterwegs war.

Den Ermittlungen zufolge spielte der Junge mit anderen Kindern im Kanal, aus Spaß riefen sie Schimpfwörter. Dann kam der Mann und soll die Kinder auf Russisch angesprochen haben, was diese verstanden. Sie sollen den Mann geärgert haben, es kam zu einem Streit.
Als der Zehnjährige aus dem Kanal kommend auf einen Stahlträger kletterte, um über das Brückengeländer zu steigen, packte der mutmaßlich verärgerte Mann den Jungen am T-Shirt. Nach dem Eindruck des Zehnjährigen schubste er das Kind ins Wasser. Die Polizei geht davon aus, dass der Junge durch den Griff des Mannes das Gleichgewicht verlor. Nach eigenen Angaben landete der Junge auf den Füßen im nur 20 Zentimeter tiefen Wasser, er fiel nicht hin.
Junge machte falsche Angaben
Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft warf der Mann eine Flasche in Richtung des Jungen. Es sei aber fraglich, ob es ein zielgerichteter Wurf war und ob der Zehnjährige getroffen wurde, hieß es. Ob der Russland-Ukraine-Konflikt bei der Auseinandersetzung eine Rolle spielte, wurde demnach nicht näher untersucht.
Der ursprüngliche schwerwiegende Verdacht gegen den Mann fußte der Staatsanwaltschaft zufolge auf Zeug:innenangaben sowie Blutspuren auf einem Stahlträger an der Brücke und einem Krankenhausarztbericht. Später stellte sich heraus, dass der Junge falsche Angaben gemacht hatte. Grund dafür war den Ermittlungen zufolge die Sorge des Zehnjährigen, zuhause Ärger wegen seiner stark verschmutzten Kleidung und der Fußverletzung zu bekommen.
Nach den Angaben zu dem mutmaßlichen Angriff Ende August hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen versuchten Totschlags gegen den unbekannten Mann eingeleitet. Mit den neuen Erkenntnissen werde das Verfahren voraussichtlich eingestellt, hieß es am Donnerstag.
Mit dpa