Sommer, Sonne, Ferien – und dann die Vorsicht vergessen: Bei Badeunfällen in deutschen Gewässern sind bis zum Ende des Sommers so viele Menschen gestorben wie seit Jahren nicht. Im laufenden Jahr ertranken bis zum Stichtag 10. September laut einer Statistik 353 Menschen – im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 278 tödliche Badeunfälle, 2019 waren es bis zu diesem Datum 365.
„Trotz aller Appelle und zahlreicher mahnender Beispiele waren Leute beim Baden und bei Wassersportaktivitäten immer wieder nicht vorsichtig genug“, sagte die Präsidentin der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Ute Vogt. Diese „traurige Entwicklung“ habe sich mitten im Sommer schon abgezeichnet: „Im heißen August sind dann nochmals deutlich mehr Menschen ertrunken als im Jahr davor.“ Den Angaben zufolge starben allein in dem Monat bundesweit 80 Menschen im Wasser, 33 mehr als im August 2023. Mehr Opfer in einem Monat habe es mit 117 zuletzt im August 2020 gegeben.
6000 Rettungsschwimmer an der Küste im Einsatz
An den Küsten sind in der Saison zwischen Anfang Mai und Ende September nach DLRG-Angaben rund 6.000 freiwillige Rettungsschwimmer:innen im Einsatz und bewachen die Strände – sieben Tage in der Woche. Außerdem sorgen demnach vor allem an den Wochenenden rund 49.000 Ehrenamtliche an Seen und in Schwimmbädern für Sicherheit. Die DLRG ist nach eigenen Angaben die größte freiwillige Wasserrettungsorganisation der Welt – und zählt mehr als 600.000 Mitglieder.
Unter Ertrinken versteht man nach DLRG-Angaben das Eintauchen in oder unter Wasser, wobei es zum lebensbedrohlichen Sauerstoffmangel kommt. Das kann bei Bewusstsein oder in Bewusstlosigkeit passieren, etwa nach einem Sturz oder einem Kopfsprung auf ein Hindernis unter der Wasseroberfläche.
Deutlich mehr Ertrunkene in Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein sind in diesem Jahr deutlich mehr Menschen beim Baden gestorben. Insgesamt wurden bis Mitte September 23 Todesfälle verzeichnet. Damit sind im Vergleichszeitraum neun Menschen mehr verunglückt als im Vorjahr.
In knapp 40 Prozent der Fälle war das Meer der Unglücksort. Dort starben neun Menschen und damit drei mehr als 2023. Auch an Seen (5), Hafenbecken (3) und Flüssen (2) gab es jeweils zwei Todesfälle mehr als im Vorjahr. Bundesweit seien 2024 laut DLRG so viele Menschen an Nord- und Ostsee verunglückt (28 Tote) wie im Vergleichszeitraum der letzten zehn Jahren nicht. Insgesamt mussten Rettungskräfte der DLRG dort in 230 Einsätzen Menschen in Lebensgefahr zu Hilfe kommen.
Genau so viele Ertrunkene in Hamburg wie im Vorjahr
Im laufenden Jahr sind in Hamburg bislang zwölf Menschen bei Badeunfällen gestorben. Bis Mitte September gab es damit genauso viele Todesfälle wie im Vorjahreszeitraum.
Mit sechs Verunglückten sind Flüsse in Hamburg der häufigste Unfallort. Weitere Todesfälle ereigneten sich in Kanälen und Seen (jeweils zwei Tote) sowie in Schwimm- und Hafenbecken (jeweils ein Toter). Drei Viertel der Gestorbenen sind Männer. Unter jüngeren Menschen bis zum Alter von 40 ging die Zahl der Opfer leicht zurück.
Anstiege bei Ertrunkenen in Niedersachsen und Bremen
Starke Anstiege gab es bis zum Stichtag auch in Niedersachsen mit 37 Badetoten – im Vorjahr waren es 26. Im kleinsten Bundesland, Bremen, ertranken 8 Menschen, während es im gleichen Zeitraum des Vorjahres 2 waren.
Menschen über 50 häufiger betroffen
Vor allem unter Menschen im Alter ab 50 stieg die Zahl der Todesfälle: Laut DLRG waren 60 Prozent der Opfer mit bekanntem Alter älter als 50 Jahre – was in den fünf Jahren zuvor durchschnittlich für die Hälfte der Verunglückten zutraf. „Die immer neuen Temperatur-Rekorde sind für den Körper sehr herausfordernd“, sagte Vogt. „Plötzlich auftretende Herz-Kreislauf-Probleme sind im Wasser noch viel häufiger lebensbedrohlich.“ Sie riet erneut zu bewachten Badestellen, um Risiken zu vermeiden. Erneut stark gefährdet: Männer, 77 Prozent der Badetoten waren männlich.
Bis zum Ende der Sommerferien in Deutschland ertranken 12 Kinder im Alter bis 10 Jahre – 2023 waren es 13 Kinder in dem Alter. Das sei zwar ein leichter Rückgang, dennoch bereitet es den DLRG-Rettern Sorgen, weil die meisten Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit nicht sicher schwimmen könnten: „Wer das nicht mehr lernt, bleibt sein Leben lang am, auf und im Wasser gefährdet“, warnte Vogt.
Hunderte von Menschen gerettet
Immerhin gibt es auch positive Nachrichten: „Allein unsere Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer an Nord- und Ostsee befreiten bis Ende August in rund 230 Fällen in Not Geratene aus der Lebensgefahr im Wasser“, sagte DLRG-Präsidentin Vogt. In der gesamten Saison 2023 wurden dort 244 Menschen gerettet. Im laufenden Jahr komme eine vergleichbare Zahl an Rettungseinsätzen im Binnenland dazu. Die genauen Zahlen dazu sollen den Angaben zufolge erst nach dem Jahreswechsel erhoben werden.
SAT.1 REGIONAL/dpa